Reisetagebuch, die Letzte

Der vierte Workshopblock im Juni war zwar strenggenommen der vorletzte, denn wir alle – die Jugendlichen, die Lehrer und Lehrerinnen der LGS, Eva und ich – trafen uns im August ja noch einmal, um gemeinsam die Präsentation des Buches vorzubereiten und dann dieses Eltern, Freunden und MitschülerInnen an der Schule vorzustellen. Logischerweise bedeutet das, dass das Buch zwischendrin fertig werden musste, also dieser allerletzte Schritt kein Teil meines Reisetagebuchs mehr werden konnte. Langer Rede kurzer Sinn – so verliefen Tag 7 und Tag 8 auf unserer Reise zum gemeinsamen Buch:

 

Workshoptag 7, 07.06.2018
Am siebten Tag unserer Reise sind wir im David-Röntgen-Museum zu Gast. Elegante alte (Schreib)Möbel und die Kunst vergangener Zeiten bilden den Rahmen, um junge, im Entstehen begriffene Literatur neu zu sehen. Denn heute bekommt jeder Gelegenheit, seinen Text durch die Augen der anderen kennenzulernen, um ihn hinterher mit frischem Blick noch einmal zu verbessern.
Dafür gibt es vorlektorierte Texte bzw. Textauszüge und einen von mir und Eva entwickelten Feedbackbogen für die individuellen Feedbackrunden. Für diese bilden je zwei Geschichtenschreiber und eine Journalistin ein Team und suchen sich eine ruhige Sitzecke in den Ausstellungsräumen. Dort liest man sich die Geschichten gegenseitig vor und gibt dem anderen Feedback mithilfe des Bogens. Wenn ein Team fertig ist, kommen die Beteiligten runter in den Hofgarten, stärken sich mit Lunchpaketen und Obstpicknick, bevor sie sich in neuen Konstellationen zusammenfinden und in die nächste Runde gehen.
Das läuft sehr gut, denn die Jugendlichen gehen durchweg wertschätzend und konstruktiv miteinander um. Außerdem erleben wir alle eine Überraschung, denn Lisa hat die Geschichte, die sie zu Beginn unserer Reise anfing, bevor sie sich der Journalistengruppe anschloss, ganz allein für sich fertig geschrieben und ist nun bereit, sie anderen vorzustellen! […]

Workshoptag 8, 08.06.2018
Heute sind wir wieder in der Schule. Morgens in der Aula geht es mit visuellen Mitteln und einer Art Kreativ-Spiel mit Eva los: Im Stuhlkreis liegen jede Menge Bilder, aus denen sich die Teilnehmer*innen das auswählen, das sie am meisten anspricht. Dann gibt es roten, blauen und gelben Karton für alle, um die drei wichtigsten Elemente des gewählten Bildes in ihren groben Umrissen nachzubilden und auf ein weißes Blatt zu kleben. In jede bunte Fläche kommt nun das wichtigste Feedback des Vortages, sowie das, was man selbst beim wiederholten Vorstellen der eigenen Geschichte als verbesserungs­würdig erkannt hat und ein dritter Aspekt, den man heute überarbeiten möchte. Bei den Journalisten wird dasselbe Prinzip auf die jeweilige Umfrage und was an deren Auswertung noch zu tun ist, angewendet. So haben alle drei Aufgaben im Kopf, die ihnen den roten Faden für den Tag stiften.
Während ich mit den Geschichtenschreibern im Computerraum schwitze und individuelle Fragen kläre (nicht zuletzt gibt es ja auch welche zu meinen Lektoratsanmerkungen), läuft Eva treppauf, treppab, um immer wieder „fertige“ Autoren abzuholen und den Journalistinnen zur Seite zu stellen. Und weil wir alle an dem Tag mit unserem großen Endspurt aufs Buch und die Sommerferien hin jede Menge Arbeit haben, lese ich als Abschluss im Plenum noch eine Kurzgeschichte vor, die in Neuwied spielt, bevor wir uns voneinander verabschieden – schließlich geht es im August dann ja an die Präsentation unseres Buches und da wird u.a. doch gewiss auch vorgelesen und in Gebärden vorgestellt werden. Wir sind am Ziel…

 

aus: „Ich nehm dich mit in meine Welt„, Texte schreibender Schüler*innen, hrsg.v. Mischa Bach, Mitteldeutscherverlag, 64 Seiten, ISBN 978-3-96311-076-4