Regionalkrimis boomen nach wie vor – heißt es zumindest in der Verlagsbranche und wenn man sich die Regale der Buchhandlungen anschaut, scheint das auch zu stimmen. Der Trend, das fiktionale Verbrechen aus der im doppelten Sinne anonymen Großstadt in die Region, gewissermaßen vor die eigene Haustür zu holen, begann vermutlich in den 1980er und 1990er Jahren mit Romanen wie „Steeler Straße“ und fand im Fernsehen in den Schimanski-Tatorten einen seiner ersten Höhepunkte. Ein anderer, ein hiesiger Realismus zog in Kriminalliteratur und Film ein.
Inzwischen jedoch scheint die Fortsetzung des Regionalkrimibooms immer mehr Marketingstrategie zu werden und das Genre selbst wird zunehmend eine Art Paradox: Einerseits geht es um regional vermarktbare Bücher, also Geschichten, die Einheimische wie Touristen vornehmlich wegen des Lokalkolorits kaufen sollen. Andererseits
bauen Kriminalgeschichten per se darauf auf, ‚im Dreck zu wühlen‘, ‚die Idyllen als blutigen Schein zu enthüllen‘. Kann das gut gehen? Wie passt der Straßenkarten- und Reisebroschürenrealismus samt all den regionalen und lokalen Krimifestivals mit dem zusammen, worum sich Krimis nun mal drehen: Gewalt und Korruption, Betrug, Mord und Totschlag, eben all die häßlichen, oft verdrängte Aspekte menschlichen Handelns und Seins?
Diesen Fragen nachzugehen, herauszufinden, was das denn nun eigentlich ist, dieser Regionalkrimi zwischen Kunst und Kommerz, Tourismusbüro und aufklärerischen wie literarischen Ambitionen, darum dreht sich das Seminar. Die Analyse von Primärtexten wie Filmen des Genres bildet dabei ebenso eine Grundlage wie die Beschäftigung mit sogenannten Regional(krimi)verlagen und deren Programm.