Tutorium – das verbinden viele Menschen erst einmal mit Universität und Studium: Während in Vorlesungen oder auch großen, überfüllten (Grundlagen)Seminaren der Unterricht häufig eine frontal ausgerichtete Solonummer des Professors ist, sind es am Ende die Tutorien, in denen man den Stoff in Kleingruppen tatsächlich einübt, diskutiert, verinnerlicht. Und um die Arbeit in solchen kleinen Gruppen geht es auch in meinem Autorentutorium. Denn es scheint mir tatsächlich eine Lücke zu geben zwischen dem, was man einerseits von Seminaren in der Autorenfortbildung erwarten kann und dem, was andererseits individuelle Autorenbetreuung im Sinne eines Lektorates oder auch eines Coachings zu leisten vermag.
So sind Fortbildungsangebote zumeist thematisch orientierte, zeitlich klar umrissene und begrenzte Angelegenheiten – an X Wochenenden arbeitet man am Thema Y. Danach kennt man seine Figuren oder auch die Schwächen seines Plots besser, weiß man hoffentlich, wie man ein Exposé schreibt oder was in ein Treatment gehört, etc. Aber es ist eben immer nur ein Ausschnitt, man kann sich dort handwerkliches Wissen vermitteln lassen oder Impulse für einen bestimmten Aspekt der Arbeit holen – aber danach ist man wieder am eigenen Schreibtisch allein.
Und so sehr die Einsamkeit am Schreibtisch zum Schriftstellerberuf gehört – wäre ja auch noch schöner, man würde ständig bei der Arbeit gestört – sie kann betriebsblind machen, Raum für hässliche Zweifel bieten oder gar in Schreibblockaden führen. Manchem mag an der Stelle die beste Freundin weiterhelfen, andere mögen sich einen Schreibcoach leisten oder haben den Luxus einer Verlagslektorin, die von Anfang an das Werk in seiner Entstehung begleitet. Doch was machen wir anderen?
Das war der Hintergrund, vor dem ich mein Autorentutorium zu entwickeln begann. Ich wollte den Aspekt der individuellen Begleitung des Schreibprozesses mit den Möglichkeiten gruppendynamischer Prozesse zusammenbringen – und das ohne am Ende die teilnehmenden AutorInnen an ein teures, weil langfristig festgelegtes Seminar zu binden.
So entstand die Idee des modular aufgebauten Tutoriums, bei dem nicht nur jeder Termin ganz nach eigenem Bedarf einzeln buchbar ist, sondern bei dem sich auch die Inhalte nach den Teilnehmern richten: Jede/r bringt ihr/sein individuelles Problem mit ein, stellt es im Tutorium der Gruppe vor (und hat zuvor die Möglichkeit, genau diese Vorstellung mit mir per Dialog via E-Mail vorzubereiten), erfährt in der Diskussion Feedback und Anregungen und lernt parallel gewiss noch so manches bei den Präsentationen der anderen dazu. Dafür ist es nicht wichtig, an welchem Punkt der Arbeit man sich jeweils befindet, wichtig ist nur, die Problemstellung, um die es jeweils gehen soll, so darzustellen, dass sie von allen gemeinsam diskutiert werden kann.
Während es dem einen vielleicht reicht, das eine oder andere Problem womöglich an einem einzigen Termin auf diese Art zu klären, mag es für andere gerade erst durch die Möglichkeit interessant sein, über eine Reihe von Tutorien/Treffen hinweg den gesamten Entstehungsprozess kritisch und konstruktiv begleitet zu wissen. Und selbst, wenn dadurch eine gewisse personelle Fluktuation von Sitzung zu Sitzung entsteht, sollte auch diese ihr Gutes haben: Denn so, wie man allein am Schreibtisch bald nicht mehr zu sagen vermag, ob die eigene Idee bzw. deren Ausführung spannend, überraschend oder glaubwürdig ist, so sorgt umgekehrt der Mix aus erfahrener Begleitung durch mich als Dozentin einerseits und andererseits dem frischen Blick zwischenzeitlich neu dazu stoßender KollegInnen dafür, dass sich weder Betreibsblindheit noch abstumpfende Langzeitseminarroutine einstellt.