Tutorium oder Seminar?

Worin genau besteht der Unterschied zwischen einem Seminar und einem Tutorium – genauer, zwischen einem Schreibseminar und einem Autorentutorium? Und wie finde ich heraus, was das Richtige für mich ist?

Schreibseminare haben üblicherweise ein konkretes Thema, das sich aus dem jeweiligen Titel erkennen lässt: „Szenisches Schreiben für Anfänger“, „Dialoge leichtgemacht“, „Plotten wie die Profis“, etc. Dieses Thema theoretisch und praktisch zu erschließen, steht entsprechend im Fokus des Seminars. Der praktische Teil der Arbeit besteht in den meisten Fällen in Übungen, die passend zum Thema konzipiert wurden – und die für alle Teilnehmer gleich sind. Die eigenen Texte, an denen man zur Zeit arbeiten mag, kommen nur in Ausnahmefällen in solchen Seminaren vor – geht es doch primär darum, eine ganz bestimmte Technik zu erlernen oder gezielt Verständnis für einen Aspekt des Schreibens zu wecken.

Deshalb eignen sich Schreibseminare häufig auch für Anfänger, die in diesem Rahmen das Handwerk erlernen können, ohne jemals vorher eigene Texte geschrieben zu haben. Doch auch Profis können in solchen Seminaren ihr Wissen erweitern und ihre Fähigkeiten vertiefen – schließlich lernt man nie aus, und nur weil man vielleicht Experte in Sachen Liebesroman ist, muss man noch längst nicht Dramen für die Bühne schreiben können, etc.

Nun ist es gut und schön, Schreibtechniken zu erlernen, aber wo soll man hin, wenn man bei der Arbeit an einem größeren Werk auf seinen eigenen Fragen und Probleme stößt? Schreibwerkstätten, wie man sie an Volkshochschulen und in anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung findet, mögen für viele Schreibanfänger die passende Begleitung sein, wenn Feedback zu den ersten eigenen Texten gefragt ist.

Doch wenn es in die Tiefe gehen soll, wenn man nicht nur eine freundliche Rückmeldung Gleichgesinnter sucht, sondern konstruktive Kritik und Anregung unter Schreibprofis gefragt sind und man dazu noch einen erfahrenen Schreibcoach mit im Boot haben möchte, dann sind die Autorentutorien das Richtige. Sie richten sich dezidiert an Autoren, denen es um die Arbeit an einem eigenständigen Werk geht – sprich: einen eigenen Stoff und wenigstens eine Vorstellung, wo es hingehen soll damit, braucht man unbedingt für die Teilnahme an einem Tutorium.

Bevor es am eigentlichen Termin daran geht, die jeweiligen Stoffe in der moderierten Kleingruppe vorzustellen und gemeinsam auf die ganz eigenen Fragestellungen hin zu diskutieren, findet jeder Teilnehmer individuelle Unterstützung bei der Vorbereitung in Form eines Coachings per Mail.

Dadurch hat man beim Termin sowohl ein interessiertes Publikum ohne Vorkenntnisse, an dem man  etwa die spontane Wirkung konkreter Leseproben testen kann, als auch eine gut vorbereitete Dozentin, die entsprechend vertiefende Übungen, weiterführende Literatur und das nötige Fachwissen mitbringt, um die Suche nach passgenauen Lösungsansätzen für individuelle Probleme zu unterstützen.

Es kommt am Ende also darauf an, was ich jeweils suche: Möchte ich eine handwerkliche Technik an sich erlernen, und gibt es entsprechend ausgerichtete, thematische Seminare, wunderbar. Suche ich dagegen „Weg- und Werkbegleitung“ für die Arbeit an meinem eigenen Text, bin ich im Tutorium gut aufgehoben. Wobei eines ohnehin klar ist: gute Fortbildungen schließen einander nie aus – also, auf ins Seminar, ab ins Tutorium, aber vor allem ran an den eigenen Schreibtisch!

 

 

2 Gedanken zu „Tutorium oder Seminar?

    • Vermutlich kennen die meisten Menschen Tutorien nur aus der Uni. Darauf und vor allem auf die Tutorien für Autoren, die eine befreundete Kollegin lange Zeit in Wien angeboten hat, habe ich zurückgegriffen, als ich nach einem Namen für die Art der professionellen und kollegialen Unterstützung suchte, die mir vorschwebte – und die ich jetzt schon seit ein paar Jahren hier in Essen anbiete. 🙂

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